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  • Stand: 12.05.2024 09:06 Uhr

    Rhein, Donau, Elbe: Die großen Flüsse in Deutschland werden regelmäßig überprüft. Über die kleinen Bäche allerdings gibt es bisher nur wenige Daten. Eine neue ARD-Mitmachaktion will das ändern.

    Von Janina Schreiber, SWR

    Der Mühlbach ist ein kleiner Fluss in Mecklenburg-Vorpommern und für ARD-Moderatorin Jessy Wellmer mit vielen Erinnerungen verbunden: “Das Plätschern dieses Baches ist der Soundtrack meiner Kindheit.” Ganze Sommer verbrachte die Journalistin dort, fing im Wasser des Mühlbachs gemeinsam mit anderen Kindern Flusskrebse. Doch wenn Wellmer jetzt den Bach besucht, sind die Flusskrebse nicht mehr zu finden: “Ich bin immer mal wieder da und stelle fest: Das Gesicht dieses Baches hat sich ziemlich verändert.”

    Viele kleine Bäche in Deutschland - nahezu unerforscht

    Die großen Fließgewässer in Deutschland müssen regelmäßig überprüft werden. Damit soll auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 umgesetzt werden. Nach der müssen sich bis spätestens 2027 alle Oberflächengewässer in einem guten chemischen und ökologischen Zustand befinden. Doch von diesem Ziel sind die großen Flüsse noch weit entfernt: Laut Umweltbundesamt (UBA) sind 90 Prozent unserer Flüsse in keinem guten ökologischen Zustand.

    Doch bei diesem Monitoring werden kleine Bäche mit einem Einzugsgebiet von weniger als zehn Quadratkilometer nicht erfasst. Dabei machen diese kleinen Bäche und Zuflüsse etwa 70 Prozent des gesamten Fließgewässernetzwerks in Deutschland aus - belastbare Daten über ihren Zustand gibt es allerdings nur wenige.

    Citizen Science: Wissenschaft durch Freiwillige

    Vor diesem Hintergrund hat das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig bereits vor drei Jahren das Citizen-Science-Projekt FLOW ins Leben gerufen. Zusammen mit mehr als 900 Bürgerinnen und Bürgern hat unter anderen auch Biologin Aletta Bonn vom UFZ Informationen gesammelt: Wie ist das Ufer des Flusses, nach was riecht das Wasser, welche Farbe hat es, wie klingt der Bach?

    Citizen Science: das FLOW-Projekt

    Citizen Science ist Wissenschaft durch Hilfe von Freiwilligen, auch Laien-Forschende. Durch die Teilnahme vieler Menschen sollen zum einen Daten erschlossen werden, deren Erhebung für forschende Institute sonst nur schwer möglich wäre. Zum anderen kann die Wissenschaft durch Freiwillige einen Beitrag zur Umweltbildung leisten. Kritische Stimmen hinterfragen die durch Laien gesammelten Ergebnisse, sie könnten ungenau sein. Im Rahmen des FLOW-Projekts (Fließgewässer erforschen, gemeinsam Wissen schaffen) vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) haben Freiwillige nach Angaben der durchführenden Zentren gelernt, den ökologischen Zustand von Bächen zu bewerten und zu dokumentieren. Die gesammelten Daten sollen nach Angaben der Initiatoren die Gewässerforschung unterstützten und Basis sein für gezielte Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen. Rund drei Jahre lang, bis Anfang 2024, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das FLOW-Projekt gefördert.

    ARD-Mitmachaktion soll Datenschatz erweitern

    Diese “Wissenschaft durch Hilfe von Freiwilligen”, soll nun im Rahmen der ARD-Mitmachaktion #unsereFlüsse weitergeführt werden. Im Fokus steht dabei die Struktur des Baches. Denn daraus kann Biologin Bonn Rückschlüsse auf den ökologischen Zustand ziehen:

    “Wenn der Bach schön geschwungen ist, bietet er viele verschiedene Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Diese sind Nahrungsquelle für Fische und Vögel.” So funktioniere der Bach als gesundes Ökosystem im Gleichgewicht.

    Mehr als die Hälfte der Flüsse in keinem guten Zustand

    Tatsächlich ist die erste Bilanz der Daten aus dem FLOW-Projekt von mehr als 130 Bächen ernüchternd, so Biologin Aletta Bonn. Mehr als die Hälfte der beprobten Bäche, über 60 Prozent, seien stark beeinträchtigt durch Pflanzenschutzmittel. Das habe Auswirkungen auf Kleinstlebewesen wie Würmer, Schnecken oder Köcherfliegenlarven - es sind diese Arten, die bei zu hoher Pestizidkonzentration langsam verschwinden.

    Dabei sind Köcherfliegenlarven ein wichtiger Anzeiger für die Gesundheit der Bäche. Gleichzeitig zeigen die Daten, dass die Ufermorphologie von mehr als 60 Prozent der Bäche in keinem guten ökologischen Zustand ist. Die Gewässer seien verbaut, es gebe keine Ufervegetation, die Ufer seien verarmt. Bewachsene Ufer stellen nicht nur die Filtration des Flusswassers sicher, sie sind gleichzeitig Lebensraum und Unterschlupf für verschiedene Arten wie Flohkrebse und Insekten.

    ARD-Mitmachaktion als wichtiger Beitrag für die Umwelt

    Forscherin Bonn sieht in Citizen Science für die kleinen Fließgewässer ein großes Potenzial: “Ich glaube, hier brauchen wir die Augen und Ohren von allen, aber auch das Können und Wissen und Engagement von allen.” Es sei ein wichtiger Beitrag für die Umwelt.

    Auch Moderatorin Wellmer macht mit und will Fotos und Beobachtungen des Mühlbachs bei #unsereFlüsse einreichen: “Flüsse sind unsere Lebensadern. Also ab ins Grüne und den Bach checken.”


  • Das jüngste Urteil gegen die AfD lässt neue Debatten über ein Verbot der Partei aufflammen. Doch die Hürden dafür sind hoch. Zu hoch – warnt Finanzminister Christian Lindner.

    17.05.2024, 11.31 Uhr

    Wie soll mit der Alternative für Deutschland(AfD) in Zukunft umgegangen werden? Nicht wenige bringen nach dem Urteil von Münstererneut ein mögliches Verbotsverfahren gegen die rechtspopulistische Partei ins Gespräch. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner lehnt solche Versuche, die AfD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen, ab.

    »Die Hürden für das Verbot einer Partei sind sehr hoch. Am Ende des Tages sollte nicht durch eine Abweisung eines Verbotsantrags der AfD ein Persilschein ausgestellt werden«, sagte der Bundesfinanzminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Die Auseinandersetzung mit dieser Partei müsse im demokratischen Wettbewerb erfolgen, damit sich die AfD nicht als Opfer inszenieren könne.

    Hintergrund der neu aufgekommenen Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren ist ein Urteil des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts in Münster. Dieses hatte am Montag geurteilt, dass die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtens ist. Damit darf der Verfassungsschutz auch weiterhin nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der Partei einsetzen.

    Minister empfiehlt »sachliche Härte«

    Lindner betonte, man müsse sich um die erreichbaren Wählerinnen und Wähler der AfD bemühen. »Und zwar nicht nur mit dem moralischen Zeigefinger, sondern auch mit konkreten Lösungen. Ich empfehle nüchterne, sachliche Härte«, fügte der FDP-Chef hinzu. Viele Leute wählten die AfD aus Frust über ungeregelte Migration seit der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Inzwischen gebe es aber einen neuen Realismus in der europäischen Flüchtlingspolitik.

    Bereits kurz nach dem Urteil in Münster hatte sich Lindners Parteikollege, Bundesjustizminister Marco Buschmann, ähnlich geäußert. Die Entscheidung ebne »nicht automatisch den Weg zu einem Verbotsverfahren der AfD«, sagte der FDP-Politiker. »Ein solches sollte man nur anstrengen, wenn man sich sehr sicher sein kann, dass es auch erfolgreich wäre.«

    Buschmann betonte, am wichtigsten und überzeugendsten bleibe es, rechtspopulistische Parteien politisch zu bekämpfen und mit Argumenten zu entlarven. »Das sollte der Anspruch der seriösen Demokraten bleiben«, so der Justizminister.