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Cake day: June 8th, 2023

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  • Das ist ja gerade diese manchmal sehr schwierige Gradwanderung. Klar will ich (vielleicht sollte ich nicht für alle sprechen) vermitteln, was es heißt, Demokratie zu leben. Ich zeige auch liebend gern alle möglichen Mittel und Wege auf, wie sich Kinder und Jugendliche am politischen Prozess beteiligen können. Und die Folgen von Faschismus werden ausgiebig behandelt.

    Dann aber herzugehen und zu sagen “so, Schulveranstaltung, alle gehen zur Demo” ist meiner Meinung nach ein Schritt zu weit - und vor allem eine Forderung der Politik zu viel. Verpflichtend (weil Schule) im Rahmen des Unterrichts Kinder unabhängig von ihrer eigenen Meinung demonstrieren zu lassen, ist meiner Meinung nach Überwältigung.

    Was ich tatsächlich in Ordnung finde ist eine Beobachtung einer Demo. Hingehen, an-/zuschauen. Wenn der Funke bei einigen überspringt, umso schöner. Auch gut ist anzubieten, dass man sich privat und außerhalb des Unterrichts auf völlig freiwilliger Basis auf einer Demo trifft.

    Vielleicht sehe ich es zu streng, das kann gut sein. Ich arbeite mit einer Schülerklientel, die ich wahrscheinlich recht leicht zu meiner eigenen kleinen linken Horde machen könnte. Ich spüre sehr stark, wie wichtig es ist, quasi nur die Leitplanken aufzubauen, sie aber selbst fahren zu lassen.


  • Hm, das find ich jetzt mal ein seeehr problematisches Anliegen. Wir Lehrkräfte verpflichten uns (insbesondere in Fächern wir Politik, Gesellschaftslehre, Sozialkunde etc.) zu größtmöglicher Neutralität. Siehe dazu: Beutelsbacher Konsens. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder mit den Fähigkeiten auszustatten, selbst zu wissen, dass es sinnvoll wäre, an einer Demo teilzunehmen. Genauso müssen wir aber ein Stück weit akzeptieren, wenn jemand in der Klasse ganz anders tickt. Wir sollten keine Gleichschalter sein - im positiven wie im negativen Sinne.

    Im Idealfall vermittelt also eine Lehrkraft nachhaltig demokratische Werte und geschichtliches Wissen und die Kombi treibt die Jugendlichen auf die Straße. Ich kann aber da keinen Schulausflug mit Plakaten aus dem Kunstunterricht draus machen.

    Und etwas provokativ gefragt: Wo war dieser Aufruf bei Fridays for Future? Da wurde in meinem Bundesland explizit die Teilnahme im Rahmen des Unterrichts untersagt, weil wir nicht politisch beeinflussen dürfen. Da wollten aber viele Jugendliche ausdrücklich hin. Wir sind dann als “neutrale Beobachter”, nicht als Teilnehmer hin und sogar dafür gab es Zurechtweisungen.

    (und ganz nebenbei: Ich würde liebend gern mit meiner Klasse auf ne Demo gehen. Die Kinder gehören Bevölkerungsschichten an, die praktisch nie mit demokratischen Prozessen in Berührung kommen und die bei einer AfD-Regierung sehr schnell und massiv dezimiert würden. Vielleicht treff ich mal “zufällig” ein paar “privat” auf einer Demo.)